EcoEmotion

Im Projekt EcoEmotion bauen Studierende der Hochschule Merseburg eigene Autos

Fürs Leben lernen – das passiert an der Hochschule Merseburg nicht nur in den Seminaren und Vorlesungen. Studentische Initiativen und einzigartige Projekte bieten allen, die mitmachen möchten, tolle Möglichkeiten, theoretische Kenntnisse praktisch auszuprobieren. Robin Blaudzun (Master Maschinenbau) und Konrad Seifert (Bachelor Chemie und Umwelttechnik) berichten im Interview, wie sie bei EcoEmotion gemeinsam mit Kommiliton*innen innovative Fahrzeuge für den Shell Eco-marathon gestalten

Robin und Konrad, das Projekt EcoEmotion gibt es an unserer Hochschule schon seit 2006. Was ist seitdem gleichgeblieben? Was hat sich verändert?

Robin: EcoEmotion wurde als studentisches Projekt gegründet und ist bis heute sehr stark durch die Kreativität und das Engagement der Studierenden geprägt. Von Anfang an war das Ziel, Fahrzeuge zu entwickeln, mit denen unsere Hochschule am Shell Eco-marathon teilnehmen kann. Inzwischen haben viele Generationen von Studierenden bei uns mitgemacht. Insgesamt sind dabei vier Fahrzeuge entstanden. Aktuell planen wir den „KISS“ – das steht für „Keep it simple und smart“ – ein Elektrofahrzeug.

Konrad: Manchmal treffen wir bei Veranstaltungen Alumni, die auch schon bei EcoEmotion Mitglied waren.Natürlich profitieren wir von deren Erfahrung. Bei einem Projekt wie dem unseren gehört es einfach dazu, auch Fehler zu machen und aus diesen zu lernen. Vorgänger von uns hatten zum Beispiel mal probiert, die Karosserie eines Fahrzeugs mit einem Verbund aus Harz und Hanffasern zu fertigen. Leider war das Material nicht konditionsbeständig genug und ist aufgequollen. Heute wissen wir, dass wir auf andere Stoffe zurückgreifen sollten. Eine weitere Sache, die sich noch verändert hat, ist dass wir im vergangenen Jahr viele neue Mitstreiter*innen gewinnen konnten.


Woran liegt das?

Robin: Ich denke, dass hat damit zu tun, dass wir aktiv daran arbeiten, im Hochschulalltag präsent zu sein. Sei es z. B. bei Veranstaltungen wie der Erstiwoche oder in den sozialen Medien. In Gesprächen merke ich immer wieder, dass andere Studis und auch Lehrende schon von unserem Projekt gehört haben.


Bei EcoEmotion dürfen alle mitmachen. Früher waren das vor allem Studierende der Ingenieur- und Naturwissenschaften. Wie sieht es heute aus?

Konrad: Wir freuen uns sehr, dass uns seit diesem Jahr zwei Studierende der Kommunikations- und Medienpädagogik im Bereich Public Relations und Social Media unterstützen. Aus den Wirtschafts- und Informationswissenschaften macht bisher leider niemand mit. Aber wir sind offen für alle und können jede helfende Hand gebrauchen.


Wie organisiert ihr euch bei den verschiedenen Arbeitsschritten. Darf man einfach die Aufgaben übernehmen, die einem am meisten Spaß machen?

Konrad: Grundsätzlich ja. Aber wir müssen natürlich gemeinsam überlegen, was Sinn macht und wo gerade Hilfe gebraucht wird. Uns geht es darum, dass jede*jeder seine Kompetenzen bestmöglich einbringen kann. Wir bilden Arbeitsgruppen, die sich mit bestimmten Aufgaben befassen, wie z. B. der Konstruktion des Rahmens, der Elektronik oder eben auch der Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt.


Und wie gestaltet ihr Entscheidungsprozesse? Was ist z. B., wenn ihr mal unterschiedlicher Meinung seid?

Robin: Bisher konnten wir uns immer gut einigen. Wir diskutieren einfach, bis wir eine Lösung haben. Oft kann jemand mit Erfahrungen im KfZ-Bereich oder im Heimwerkerbereich dienen, dann werden gemeinsam Lösungen erarbeitet. Oder wir vergeben Recherche-Aufträge, um faktenbasiert entscheiden zu können. Und schließlich haben wir auch noch unseren betreuenden Professor Stephan Schmidt, den wir um Rat bitten können. Bei den anderen Lehrenden sind wir ebenfalls gern gesehen.

 

Worauf arbeitet ihr gemeinsam hin? Worum geht es genau beim Shell Eco-Marathon?

Robin: Unter dem Motto #MakeTheFuture möchte der Shell-Konzern Wege in eine nachhaltige Energiezukunft aufzeigen. Der Shell Eco-marathon ist als einer der weltweit größten Energieeffizienz-Wettbewerbe ein Teil dieses Projekts. An der Veranstaltung teilzunehmen, ist für uns Studis immer eine aufregende Sache. Zum einen geht es darum, wie weit wir mit unserem Fahrzeug kommen, zum anderen bedeutet die Teilnahme eine gemeinsame Reise ins Ausland!

Konrad: Beim Shell Eco-marathon kann man in den Kategorien Prototyp und Urban Concept antreten. Bei Letzterer geht es um Fahrzeuge, die für den normalen Stadtverkehr geeignet sind und z. B. ganz klassisch über vier Räder und Stauraum für Gepäck verfügen. Wir treten in der Kategorie Prototyp an, in der maximale Energieeffizienz gefragt ist.


Wie werdet ihr dem gerecht?

Robin: Wir achten z. B. darauf, Materialien zu verwenden, die unser Fahrzeug möglichst leicht machen. Im Design erinnert unser neues Projekt an den Tesla Cybertruck. Die Funktionen stehen aber gegenüber dem Design an erster Stelle. Vor allem soll das Auto viel robuster als sein Vorgänger werden. Bis zur Umsetzung ist es noch ein kleiner Weg. Wir hoffen sehr, dass wir es schaffen, im nächsten Jahr am Wettbewerb teilzunehmen.

Das klingt nach einer kostspieligen Angelegenheit. Wie finanziert sich das Ganze?

Robin: Tatsächlich können wir aktuell auf ein gutes Budget zurückgreifen. Wir haben für das zweite Halbjahr 2022 sowie das Jahr 2023 insgesamt 25.000 Euro an Projektgeldern über die Hochschule zur Verfügung. Damit lässt sich schon viel umsetzen. Zudem arbeiten wir mit Sponsoren zusammen. Auch wichtig: Für die Reise zum Wettbewerb müssen die Teilnehmenden nicht selbst aufkommen.

Konrad: Beim Wettbewerb treten übrigens alle Teams unter gleichen Voraussetzungen gegeneinander an. 


An einem Fahrzeug tüftelt eure Gruppe in der Regel mehrere Jahre. Was treibt euch an, über so einen langen Zeitraum dabei zu bleiben?

Robin: Mich treibt vor allem meine Begeisterung für Autos an. Ich möchte mein Wissen erweitern und schon im Studium reale Probleme lösen. Auch die Arbeit in der Gruppe macht einfach Spaß. Das Beste an unserem Projekt ist natürlich, das Auto am Ende fahren zu sehen.

Konrad: Mich begeistert die Komplexität dieses Projektes. Als Chemiker finde ich auch die Zusammenarbeit mit Studierenden der anderen Studiengänge sehr interessant. Und der Spaß kommt natürlich ebenfalls nicht zu kurz: Wir haben auch einen Bierkasten in unserer Werkstatt.

Robin: Dass wir gerade so viel gutes Feedback aus der Hochschule bekommen, ist definitiv auch ein Antrieb.
 

 

Was sind für euch persönlich die größten Herausforderungen bei der Arbeit für EcoEmotion?

Konrad: Es ist immer leicht, Ideen zu entwickeln oder Entwürfe zu machen. Aber das Ganze umzusetzen, verlangt viel Zeit und Energie. In den vergangenen Jahren waren wir weniger Leute, dann sieht man natürlich auch nicht so schnell Fortschritt. Zum Glück hat sich das geändert.

Robin: Ja, tatsächlich war neue Mitglieder zu gewinnen im letzten Jahr unsere größte Herausforderung. Zudem hat die Projektbetreuung gewechselt. Professor Jenderka hat uns in dieser Zeit aber sehr gut unterstützt und Brücken geschlagen. Und natürlich ist es auch für uns nicht immer ganz leicht, die Projektarbeit und ein Studium zu organisieren.


Denkt ihr, dass ihr auch in Hinblick auf euren Berufsstart nach dem Studium von diesem Projekt profitiert?

Robin: Ganz bestimmt. Die Automobilindustrie, ich meine nicht nur die Konzerne, sondern auch die vielen Zulieferer, ist in Deutschland eine wichtige, prägende Branche. Für mich persönlich ist es sehr wahrscheinlich, dass ich in diesem Bereich später einen Job finden werde. Auch für Chemiker wie Konrad gibt es in der Automobilindustrie jede Menge Arbeit, z. B. bei der Entwicklung von Kunststoffen, welche sich in die Wertschöpfungskette einreihen.

Konrad: Wir lernen Probleme zu lösen, uns selbst zu organisieren und Teamfähigkeit. Davon werden wir auf jeden Fall profitieren. Nicht zu vergessen ist auch, dass wir für unsere Projektarbeit am Ende ein qualifizierendes Arbeitszeugnis erhalten.


Wie motiviert ihr Unternehmen, euch als Sponsoren zu unterstützen?

Konrad: Wir bieten verschiedene Sponsorenpakete an, die ganz klassisch den Abdruck des Logos auf unserem Fahrzeug oder – je nach Engagement des Unternehmens – sogar auf unserer Rennkleidung beinhalten. Zudem erwähnen wir die Firmen bei unseren PR-Aktion und in den Sozialen Medien.

Robin: Die Kunden werden anhand der Werbung aufmerksam und die Sponsoren selbst unterstreichen ihr Engagement für eine effizientere Ressourcennutzung.


Energie ist ein Thema, dass uns gerade alle beschäftigt. Welche Aspekte spielen aus eurer Sicht bei der Konstruktion von Fahrzeugen eine zunehmende Rolle?

Robin: Neben Energie ist das die Ressourcenknappheit. Effizienz und ein geringes Gewicht zu ermöglichen, Materialien wiederzuverwenden, neue Materialien zu integrieren – und trotzdem Stabilität zu realisieren, wird immer wichtiger. Beim Thema Nachhaltigkeit gilt es den Blick jedoch nicht nur auf das Fahrzeug selbst zu richten. Genauso wichtig ist der Produktionsprozess.

 

Interview: Anne Schwerin

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