Ein Projekt der Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft e.V. in Zusammenarbeit mit der Hochschule Merseburg
Löbejün heute
Städtebaulich ist Löbejün durch seine sehenswerte historische Altstadt geprägt, die durch Siedlungsbebauung in den Randbereichen ergänzt wurde. Die Altstadt präsentiert sich mit ihren engen und teils steilen Gassen in einem ursprünglichen Charakter. Die beiden entscheidenden Alleinstellungsmerkmale der Stadt sind hier auf Schritt und Tritt zu entdecken: Löbejüner Porphyr und Carl Loewe.
Die meisten Straßen und Gassen sind mit Löbejüner Porphyr gepflastert. Das Hallesche Tor ist – ebenfalls aus Porphyr gemauert – ein architektonisches und stadtgeschichtliches Kleinod.
Stadtbildprägend ist die auf einem Hügel stehende Stadtkirche St. Petri, die eine bedeutende Rühlmann-Orgel beherbergt. Neben der Kirche steht das Carl-Loewe-Haus – Sitz des Carl-Loewe-Museums und der Internationalen Carl-Loewe- Gesellschaft (ICLG).
Carl Loewe ist in die Musikgeschichte als "Deutschlands Balladenkomponist" eingegangen. Zu seinem vielseitigen Schaffen zählen neben rund 500 Balladen und Liedern auch 18 Oratorien, sechs Opern, zwei Sinfonien, verschiedene Klavierkompositionen sowie Chormusik.
Das Stadtbildbelebungsprojekt
Der gut erhaltene bzw. wieder neu erstrahlende Altstadtkern wird dadurch getrübt, dass sich gerade im Altstadtbereich einige Häuser befinden, die teilweise schon seit vielen Jahren leer stehen und deren verfallende Giebel und Fassaden das Stadtbild beeinträchtigen.
Im Dialog zwischen den Verantwortlichen der Stadt, dem Vorstand der Carl-Loewe-Gesellschaft, der Hochschule Merseburg und dem Ortschaftsrat entstand die Projektidee zur künstlerischen Gestaltung leerstehender Häuserfassaden in der Altstadt mit Großbildern
Die beiden Dozenten Christian Siegel (Malerei/Grafik/Plastik) und Thomas Tiltmann (Bildwissenschaft/Fotografie) und siebzehn Student*innen der Kultur- und Medienpädagogik der Hochschule Merseburg starteten das Kooperationsprojekt im Oktober 2020 mit einer Exkursion nach Löbejün. Während des Carl-Loewe-Museumsbesuches erhielten die Studierenden eine Einführung in die Loewe-Biografie, bekamen einen Einblick in sein musikalisches Schaffen und konnten den Museumsfundus besichtigen. Bei einer Stadtführung wurden die ausgewählten leerstehenden Gebäude den Studierenden vorgestellt.
In die Kunstwerke sollten Motive aus dem musikalischen Schaffen Carl Loewes einfließen. Dafür wurde im Museum und dem Fundus nach geeigneten Motiven gesucht, die auch vor Ort reproduziert wurden.
Erste studentische Ideen und Entwürfe für die Kunstwerke konnten im Oktober 2020 den Vorstandsmitgliedern der ICLG präsentiert werden. Von Mitte Oktober bis Anfang Dezember arbeiteten die Studierenden intensiv an der Realisierung und Optimierung der Kunstwerke.
Im Anschluss daran wurden die Entwürfe überarbeitet und die finalen Entwürfe den Mitgliedern des Kuratoriums der Gesellschaft übermittelt. Das Kuratorium wurde als unabhängige Jury zur letztendlichen Auswahl der finalen Entwürfe eingesetzt.
Die ausgewählten Kunstwerke wurden in der Zwischenzeit offiziell übergeben und an den verfallenden Giebeln und Fassaden befestigt. Sie verschönern und beleben nun das Stadtbild und rücken das künstlerische Wirken von Carl Loewe in den Mittelpunkt.
Ziel dieser studentischen Arbeit ist es, dass im Sinne eines erweiterten Beuys’schen Kunstbegriffes Kunst und künstlerisch-kreatives Gestalten ein Medium der kritischen Positionierung und der demokratischen Mitsprache sein kann. Die Kunstwerke sollen nicht als abgeschlossene Objekte oder Produkte verstanden werden, sondern zum Denken, Erkennen und Diskutieren darüber, was Kunst sein kann, anregen. Weiterführend standen die Entwicklung der künstlerischen Umsetzung, Auswahl der geeigneten künstlerischen Methoden, Positionierung der Kunstwerke, Zeitmanagement, die Auseinandersetzung mit Auftraggebern sowie die technische Realisierung der Kunstwerke als Lernprozesse der Studierenden im Vordergrund.
Die beiden Motive und ihre Interpretation:
Löbejüner Burgstraße 6 - Motiv links
Carl Loewe: "Meeresleuchten" (Text: Carl Siebel)
Collage: Laura Bürger, Sophie Esders, Teresa Löbner
Im Zentrum des Kunstwerks an der Löbejüner Burgstraße 6 steht ein moderner und junger Carl Loewe, dem Bilder zu der Ballade „Meeresleuchten“ aus dem Kopf strömen.
Carl Loewe, als internationaler Musiker, verarbeitet sein Leben mit Tattoos. So hat er sich seine Töchter und den Kirchturm der Stadtkirche St. Petri aus Löbejün auf seinem Körper verewigen lassen.
In mehreren Bildbereichen, die von den einzelnen Gestalterinnen entworfen wurden, wird das Lied “Meeresleuchten” (Op.145 No.1) bildnerisch umgesetzt. Im Text dieses Liedes, der ursprünglich von Carl Siebel verfasst wurde, werden „goldenschwere“ in das Meer fallende Sonnenstrahlen beschrieben. Die dann von „funkensprühender Pracht“ durchglühten Wogen finden ebenso ihren Platz auf dem Bild, wie die „Strahlen aus des Meeres Grund“. Die Farbgebung ist inspiriert von echten Seestücken.
Löbejüner Burgstraße 6 - rechts
Carl Loewe: "Die Uhr" (Text: Gabriel Seidel)
Collage: Thomas Tiltmann, Christian Siegel
Bildprägend für die Collage ist das Portrait von Carl Loewe, der mit seinem Blick in die Weite des Lebens schaut. Die Augen werden von Herzen umrahmt, die von Figuren gehalten werden. Sie
symbolisieren die Liebe Carl Loewes zur Musik, zur Kirche und zu seiner Heimatstadt Löbejün.
„Die Uhr“ oberhalb des linken Auges stellt den Bezug zur Ballade her. Die verwendeten Noten zeigen einen Ausschnitt aus dieser Ballade und weisen auf das Schaffen des Komponisten hin.
Auf der rechten Schulter sind zahlreiche Zahnräder eines Uhrwerkes zu sehen. Sie könnten zum Uhrwerk der Kirchenuhr der Stadtkirche St. Petri gehören.
Die Heimatliebe Loewes und seine Verbundenheit zur Stadt Löbejün werden durch ein weiteres Motiv auf der Brust verdeutlicht. Es zeigt den Turm von St. Petri, Loewes Taufkirche.
Erläuterungen zu allen weiteren von Studierenden entworfenen Motiven finden Sie hier.