Kathrin Nerstheimer

30 Jahre Hochschule Merseburg: Alumna der ersten Stunde berichtet

Kathrin Nerstheimer - Alumna der ersten Stunde - berichtet über ihr Studium und welche Erinnerungen an ihre Studienzeit hängen geblieben sind. „Bei unserer Diplomarbeitsverteidigung hatten wir für die Präsentation Folien – immerhin in Farbe. Das war damals cool.“

Kathrin Nerstheimer hat von Oktober 1992 bis September 1996 an der Hochschule Merseburg im Studiengang Sozialwesen studiert. Heute arbeitet sie als stellvertretende Trägerleiterin bei der GBBR Gesellschaft für Bildung und berufliche Rehabilitation in Halle. Die GBBR unterstützt Menschen mit körperlichen und / oder psychischen Erkrankungen auf ihrem Weg zurück in das Berufsleben.

 

Kathrin Nerstheimer in ihrem Zimmer im Wohnheim 11

Frau Nerstheimer, Sie waren eine der ersten Studierenden an der 1992 neu gegründeten Hochschule Merseburg.

Wie war das Studium Anfang der 90er Jahre, als die Welt und auch das Studium noch analoger waren?
Ja, das war noch anders als heutzutage. Wir bekamen unser Curriculum schriftlich als Heft. Hausarbeiten habe ich auf der Schreibmaschine getippt. So könnte ich heute gar nicht mehr arbeiten. Die Diplomarbeit haben wir dann mit dem PC geschrieben und nutzten Disketten. Zur Literaturrecherche fuhren wir in die Deutsche Bücherei nach Leipzig und haben im Lesesaal Passagen aus Büchern rausgeschrieben oder kopiert. Die Professorinnen und Professoren verwendeten in ihren Vorlesungen Overhead- Projektoren. Bei unserer Diplomarbeitsverteidigung hatten wir für die Präsentation Folien – immerhin in Farbe. Das war damals cool.

Annehmlichkeiten, die heute selbstverständlich sind, waren vor 30 Jahren Zukunftsmusik und unvorstellbar.

 

 

Was hat damals den Ausschlag für ein Studium in Merseburg gegeben?
Wie mehrere meiner Mitstudentinnen habe ich 1988 Krippenerzieherin gelernt und im Anschluss daran das Anerkennungsjahr zur Erzieherin absolviert. Anschließend wollte ich mich an der Universität in Halle für den Studiengang Diplompädagogik einschreiben, was wohl ein Jahr vorher noch möglich gewesen wäre. Allerdings wurde ich nach Merseburg an die neu gegründete Fachhochschule verwiesen. Dort bin ich auf den Studiengang Sozialwesen aufmerksam geworden und habe mich eingeschrieben. Rückblickend eine gute Entscheidung.


Welche besondere Erinnerung verbinden Sie mit ihrer Studienzeit an der Hochschule Merseburg?
Unvergesslich bleibt mir meine erste Fahrt nach Merseburg. Da habe ich an meinem Trabant ein Rad verloren. Außerdem waren wir Anfang der 90er auf dem Campus in Merseburg die ersten „Sozis“. Damals existierte ja noch die Technische Hochschule und die anderen Studierenden haben sich über uns „Sozis“ lustig gemacht.

Während meines Studiums habe ich viele Menschen kennengelernt und es sind zahlreiche Freundschaften entstanden, die heute noch bestehen. Meine Freundin Dörte Winter, damals Dörte Freidank, habe ich beim Studium kennengelernt und wir sind heute noch befreundet. Wir beide haben im Wohnheim 11 in Merseburg West gewohnt. Das war ursprünglich das Wohnheim für die Verfahrenstechniker. Unsere Männer, beide Diplom Ingenieure für Verfahrenstechnik, haben wir beim Studium in diesem Wohnheim kennengelernt. Das Studium in Merseburg hat somit nicht nur meinen beruflichen, sondern auch meinen privaten Lebensweg maßgeblich und wie ich finde, positiv beeinflusst.

 

 

Kathrin Nerstheimer mit dem Studentenclub Trichter zur Studentenclubfahrt in Potsdam

Zudem denke ich gern an Studentenclubfahrten mit dem Trichter e.V. und natürlich an den Mensafasching zurück. Gemeinsam mit meiner Freundin Dörte war ich im Diplomballkomitee zur Organisation des ersten Diplomballs der Fachhochschule Merseburg. Dafür haben wir bei allen Professorinnen und Professoren auf dem Campus Geld gesammelt. Wir waren auch bei Prof. Dr. Johanna Wanka mit unserem Sparschwein. Sie hat an unserem Diplomball teilgenommen. Wenn ich sie später im Fernsehen gesehen habe, musste ich immer daran denken. Da die Fachhochschule Merseburg 1992 noch im Aufbau begriffen war, haben die neuen Lehrkräfte unseres Fachbereiches bei uns Probevorlesungen gehalten. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir diese Vorlesungen dann bewertet. Es war eben eine Zeit des Ausprobierens und ist heute so nicht mehr vorstellbar.

 

Fotos: privat

Was ist von der Hochschule Merseburg noch in Erinnerung geblieben?
Ich erinnere mich an verschiedene Vorlesungen und Lehrveranstaltungen, wie beispielsweise „Methoden der empirischen Sozialforschung“, „Schizophrenie - Mythos oder Realität“ oder „Meditatives Aquarellieren“. Ich habe im Campuschor gesungen und wir sind auf dem Fachhochschulfest aufgetreten. Am Studium fand ich den hohen Praxisbezug gut. Man kann im Studium viel theoretisches Wissen aufnehmen. Wichtig ist es allerdings auch, im Bereich Soziale Arbeit in der Praxis mit den Menschen, die Hilfe benötigen, professionell umgehen zu können. Das kann man nur in der Praxis ausprobieren und erlernen. Die Hochschule Merseburg ist für mich richtungsweisend gewesen.

 

 

 

Wohin hat Sie das Leben nach dem Studium verschlagen?
Mein ganzes Berufsleben habe ich im Bildungsbereich verbracht, obwohl ich nach dem Studium nicht ansatzweise wusste, dass man als Sozialpädagogin in diesem Bereich arbeiten kann. Seit 2000 bin ich als Führungskraft im Bildungsbereich tätig. Mein Herz hat immer für die berufliche Rehabilitation und Teilhabe geschlagen. Örtlich hat es mich nicht weit weg verschlagen. Ich habe in Merseburg und Leipzig gearbeitet. Jetzt bin ich in Halle bei der GBBR tätig und unser Schwerpunkt ist Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben. Deswegen freut es mich, dass es an der Hochschule Merseburg eine Professur für Rehabilitation und Teilhabe gibt.


Was reizt Sie an Ihrem Beruf besonders und an welchen beruflichen Stellschrauben würden Sie hingegen gern noch drehen?
Für mich persönlich stellt das Sinnstiftende an meinem Beruf einen hohen Motivationsfaktor dar. Nicht alles an meiner Tätigkeit ist immer sinnvoll. Das ist bei keinem Beruf so. Es gibt aber viele Momente, in denen ich erkenne, dass mein Gestalten ein gutes oder positives Ergebnis erzeugt hat. Dann denke ich, dass ich einen tollen Beruf habe.


Was würden Sie unseren Studierenden im Allgemeinen gerne mit auf den Weg geben? Und was sind Ihre drei Tipps für unsere Studierenden?
Es gibt so viele Möglichkeiten, seine berufliche Zukunft zu gestalten, deshalb empfehle ich den Studierenden in verschiedene Berufsfelder reinzuschauen. Außerdem sind Erfahrungen im Ausland ungemein hilfreich – egal ob ein Praktikum oder ein Auslandssemester.

Ansonsten ist die Studienzeit einfach auch zu genießen. Sie kommt nie wieder.


Die Studienzeit ist die beste Zeit des Lebens …
Alles hat seine Zeit, aber die Studienzeit in Merseburg war in meinem Leben bis jetzt die beste Zeit.


Was wünschen Sie der Hochschule Merseburg … ?
Ich wünsche der Hochschule Merseburg Innovationskraft, Wachstum und ein langes erfolgreiches Bestehen.

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