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"Gesundheit ist kein Extra – sie ist die Grundlage für gutes Leben und Arbeiten". Im Gespräch mit Leonie Schleifnig

17.11.2025

“Gesundheit ist kein Extra – sie ist die Grundlage für gutes Leben und Arbeiten.” Leonie Schleifnig

Seit Juli 2025 bereichert Leonie Schleifnig die HoMe als Verantwortliche für das Hochschulgesundheitsmanagement (HGM). Damit ist sie die zentrale Ansprechperson, für Themen und Formate rund um Gesundheit, Wohlbefinden und Resilienz. Im Interview spricht sie darüber, warum Gesundheitsförderung im Hochschulkontext so relevant ist, welche Schwerpunkte sie setzt – und wie sie selbst ihre Balance hält.


Bitte stellen Sie sich kurz vor – wer sind Sie und was hat Sie nach Merseburg geführt?

Ich bin Leonie Schleifnig, Sportwissenschaftlerin mit Herz und Begeisterung für Themen rund um Bewegung, mentale Stärke und gesunde Arbeitswelten. Nach Stationen im Bereich Rehabilitation, Ergonomieberatung und präventive Gesundheitsförderung freue ich mich über eine berufliche Herausforderung, in der ich eine ganzheitliche Gesundheitsförderung voranbringen und mitgestalten kann – für Mitarbeitende, Studierende und Lehrende. Die Hochschule ist für mich ein spannendes Setting, weil die Zielgruppe divers ist, hier gelernt, gearbeitet und gelebt wird. Gesundheit darf hier kein Randthema sein.

Warum ist Hochschulgesundheitsmanagement aus Ihrer Sicht so wichtig?

Weil Gesundheit die Basis für Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit und letztendlich Erfolg ist. Wir verbringen einen großen Teil unseres Lebens an Arbeits- oder Studienorten – und genau dort entscheidet sich, wie es uns geht. Studien zeigen, dass beispielsweise die psychischen Belastungen in der Hochschullandschaft in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, insbesondere bei jungen Menschen.

Eine aktuelle Meta-Analyse (Heumann et al., 2024) belegt, dass etwa 21 % der Studierenden in Deutschland depressive Symptome aufweisen, die Tendenz ist insgesamt steigend (mit einem Peak in Pandemiezeiten). Mentale Gesundheit ist also längst kein Nischenthema mehr. Die StudiBiFra-Studie (Stock et al., 2023) hat zudem gezeigt, dass Zeitdruck und Prüfungsanforderungen die größten Belastungsfaktoren darstellen und stark mit Erschöpfung zusammenhängen.

Dazu kommen lange Sitzzeiten, wachsende Anforderungen, digitale Dauerpräsenz, gesellschaftliche Themen wie Klimakrise oder politische Unsicherheiten sowie private Herausforderungen wie stark steigende Lebenshaltungskosten oder auch familiäre Belastungen. Das alles wirkt sich auf das Wohlbefinden aus – bei Studierenden wie auch bei Mitarbeitenden. Als Hochschule sollten wir ein Interesse daran haben, dass alle Hochschulangehörigen gesund und arbeitsfähig bleiben und dass Arbeit und Studium die gesundheitliche Situation nicht dauerhaft negativ beeinflussen.Fachkräftemangel, Stress und Arbeitsausfälle zeigen, wie wichtig Prävention ist, doch hier gibt es noch viel zu tun und Aufklärungsarbeit zu leisten.

Was sind Ihre ersten Schritte und Schwerpunkte an der Hochschule Merseburg?

Im ersten Schritt möchte ich das Thema Gesundheit mit all seinen Aspekten sichtbar machen – und mich natürlich auch. Ich erhebe Bedarfe, vernetze Akteurinnen und Akteure, stoße Kooperationen an und höre genau hin, was Mitarbeitende und Studierende brauchen. Wer Fragen, Anliegen und Ideen dazu hat, kann mich jederzeit ansprechen! Mich unterstützt auch unsere Gesundheitspartnerin, die Techniker Krankenkasse, mit langjähriger Erfahrung, hilfreichen Tipps von anderen Hochschulen und konkreten sichtbaren Aktionen. 

Mein Ziel ist es, das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) zu optimieren und gleichzeitig ein studentisches Gesundheitsmanagement (SGM) aufzubauen, denn das gab es bisher an der HoMe noch nicht. Das heißt: erste niedrigschwellige Angebote realisieren, Strukturen schaffen, Austausch fördern. Studien zeigen, dass es nicht genügt, nur Angebote bereitzustellen – man muss auch Zugänge erleichtern. Eine internationale Meta-Analyse (Osborn, Li, Saunders, et al., 2022) fand heraus, dass nur rund ein Drittel der Studierenden bei psychischer Belastung tatsächlich Unterstützungsangebote nutzt. HGM kann hier Barrieren senken, Vertrauen schaffen und Wege öffnen.

Was bedeutet das konkret für Studierende und Mitarbeitende?

Gesundheit ist ein Erfolgsfaktor – für das Studium, für den Arbeitsplatz, für das Leben. Gesunde Studierende sind leistungsfähiger, motivierter und beteiligter. Eine Hochschule, die Gesundheit ernst nimmt, stärkt Bindung und Wohlbefinden.

Für Studierende geht es primär um gesundes Studieren: Unterstützung bei Stressbewältigung, Bewegung im Alltag, Entwicklung von Gesundheitskompetenz. Interessant ist hier auch die Studie „Cross Sectional Analysis of Mental Health among University Students“ (Müller, El-Ansari, K. & El-Ansari, W., 2022), die zeigt, dass Frauen und Studierende in niedrigeren Studienphasen häufiger psychisch belastet sind. Das verdeutlicht, dass wir differenziert denken und gezielt unterstützen müssen – nicht eine Lösung für alle, sondern passgenaue Angebote.

Für Mitarbeitende bedeutet HGM: gesund arbeiten, Zufriedenheit fördern, Vereinbarkeit erleichtern und Zugehörigkeit stärken. Gesundheit, Arbeiten und Alltag sollen besser verzahnt werden – es geht um mehr als Krankheitsvermeidung, es geht um Lebensqualität. Eine Studie (Gallo et al., 2023) zeigte, dass eine achtwöchige achtsamkeitsbasierte Intervention bei Studierenden Stress, Depressionen und Schlafprobleme deutlich senken konnte. Das liefert eine starke evidenzbasierte Grundlage für künftige HGM-Maßnahmen – auch für Mitarbeitende kann so etwas wertvoll sein. Wenn Gesundheit erlebbar, sichtbar und nachhaltig wird, stärkt das die gesamte Hochschulkultur. Es verbindet Menschen, schafft Austausch und steigert das Gefühl: Wir gehören zusammen.

Wie halten Sie sich selbst fit – und was motiviert Sie an Ihrer Arbeit am meisten?

Ich bin ein ziemlicher Allrounder, wenn es um Bewegung geht. Am liebsten bin ich draußen – joggen, radeln oder einfach spazieren gehen. Krafttraining gehört bei mir zur wöchentlichen Routine, und für  einen freien Kopf brauche ich Teamsport: gemeinsam spielen, lachen, sich auspowern.

Ich freue mich, ein Thema gestalten zu dürfen, das alle betrifft und mir persönlich am Herzen liegt. Gesundheit ist mein Beruf und mein Hobby zugleich. Besonders motiviert mich der Kontakt zu so vielen unterschiedlichen Menschen – von Studierenden bis Kolleginnen und Kollegen. Gesundheit verbindet – und genau das möchte ich an der Hochschule Merseburg spürbar machen. 

 

Weitere Informationen zu den Gesundheitsangeboten für Studierende und Mitarbeitende finden Sie hier:

Hochschulgesundheitsmanagement an der Hochschule Merseburg

 

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Quellen:
 

Gallo, G.G., Curado, D.F., Machado, M.P.A. et al. A randomized controlled trial of mindfulness: effects on university students’ mental health. Int J Ment Health Syst 17, 32 (2023). doi.org/10.1186/s13033-023-00604-8

Heumann E, Palacio Siebe AV, Stock C, Heinrichs K. Depressive Symptoms Among Higher Education Students in Germany-A Systematic Review and Meta-Analysis. Public Health Rev. 2024 Jun 10;45:1606983. doi: 10.3389/phrs.2024.1606983. PMID: 38978768; PMCID: PMC11228579.

Müller C, El-Ansari K, El Ansari W. Cross-Sectional Analysis of Mental Health among University Students: Do Sex and Academic Level Matter? Int J Environ Res Public Health. 2022 Oct 3;19(19):12670. doi: 10.3390/ijerph191912670. PMID: 36231970; PMCID: PMC9564483.

Osborn, T.G., Li, S., Saunders, R. et al. University students’ use of mental health services: a systematic review and meta-analysis. Int J Ment Health Syst 16, 57 (2022). https://doi.org/10.1186/s13033-022-00569-0

Stock, C., Lehnchen, J, Burian, J. Deptolla, K Heinrichs, Study conditions and exhaustion in German higher education students: results of the StudiBiFra study, European Journal of Public Health, Volume 33, Issue Supplement_2, October 2023, ckad160.1606, https://doi.org/10.1093/eurpub/ckad160.1606

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