Kooperation: Hochschule Merseburg kooperiert mit der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen und der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig

17.08.2022, Presse Pressemitteilung Projekte Angewandte Medien- und Kulturwissenschaft Forschung Transfer (Forschung) Innovative Hochschule Zentraler Beitrag

NS-Verbrechen digital sichtbar machen – Studierende der Hochschule Merseburg gehen gemeinsam mit zwei Gedenkstätten in Leipzig und Gardelegen neue technische Wege in der außerschulischen Bildungsarbeit.


Die Hochschule Merseburg, die Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen und die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig begehen neue Wege in der außerschulischen Bildungsarbeit und sind im Rahmen offizieller Kooperationsvereinbarungen dazu übereingekommen, ihre Aktivitäten in Wissenschaft und Pädagogik zu bündeln. Mithilfe des INNOmobils – dem Forschungstransfermobil der Hochschule Merseburg – werden künftig diverse Bildungsangebote im Bereich der Gedenkstättenpädagogik durchgeführt. Die Kooperation dient unter anderem dazu, historische Inhalte über die beteiligten Gedenkstätten hinaus in der gesamten Region mit dem INNOmobil bekannt zu machen. Hierbei wird auf die umfangreichen Ergebnisse erfolgreicher früherer Zusammenarbeit zurückgegriffen.

Im Wintersemester 2021/2022 fand im Rahmen des Master-Seminars „Tatorte | Gedenkorte. Vermittlungsmöglichkeiten in der Gedenkstättenarbeit“ eine Kooperation zwischen der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen, der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig und der Hochschule Merseburg statt. Dabei beschäftigten sich Studierende des Masterstudiengangs Angewandte Medien- und Kulturwissenschaft mit visuellen Aspekten von Gedenk- und Erinnerungsarbeit und nahmen an Exkursionen in beide Gedenkstätten teil. Anschließend entwickelten sie in Kleingruppen mithilfe von digitalem Storytelling interaktive Webseiten für die Zielgruppe Schüler*innen und Jugendliche. Die Webseiten sollen es den Nutzer*innen ermöglichen, ehemalige Zwangsarbeitsorte in Leipzig, den historischen Tatort des Massakers von Gardelegen und Biografien ehemaliger Zwangsarbeiter*innen zu entdecken. Damit leisten die Webseiten einen Beitrag zur digitalen Geschichtsvermittlung und werden zukünftig in der Bildungsarbeit der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig, der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen und dem INNOmobil der Hochschule Merseburg zum Einsatz kommen.

Für die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig fand die Kooperation im Kontext des Projekts „Auf den Spuren von NS-Zwangsarbeit. Ein Modellprojekt zur Förderung lokalhistorischer Vermittlungsarbeit“ statt, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Programms „Jugend erinnert“ gefördert wird. „Die Zusammenarbeit mit den Studierenden war für uns von ganz besonderem Wert. Der medien- und kulturwissenschaftliche Ansatz bot die Möglichkeit, Orten von NS-Zwangsarbeit, die in den vergangenen Jahrzehnten baulich stark verändert wurden, neu zu begegnen. Beispielsweise haben einige Studierende digitale Karten entwickelt, die verschiedene NS-Zwangsarbeitsorte mit Verfolgtenbiografien in Bezug setzen. Damit wird das Massenverbrechen NS-Zwangsarbeit im Lokalen konkret greifbar“, erklärt Isabel Panek, Mitarbeiterin der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig.

Auch die Mitarbeitenden der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen sehen viele Chancen in dieser Bildungskooperation: „Dass gerade die Todesmarsch- und Endphaseverbrechen kurz vor Kriegsende mitten in der damaligen deutschen Gesellschaft stattfanden, ist vielen Menschen leider immer noch nicht bewusst oder wird mitunter immer noch verschwiegen“, berichtet Gedenkstättenleiter Andreas Froese. „Umso mehr schätzen wir das Engagement der Studierenden, verdrängte Taten und vergessene Tatorte mit Hilfe digitaler Medien für die Bildungsarbeit erschließbar zu machen“, freut sich Lukkas Busche, pädagogischer Mitarbeiter der Gedenkstätte.

Die Seminarleiterin und Lehrbeauftragte der Hochschule Merseburg, Susan Wille, und Antonia Flint, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt INNOmobil, freuen sich, die Webseiten als digitale Exponate mit in die INNOmobil-Ausstellung „Rechtes Denken früher und heute“ aufzunehmen. Die Ausstellung ist ein Format des Wissenschaftstransfers, mit dem die Hochschule Impulse für den Diskurs in der Gesellschaft setzen will. Die Ausstellung kann insbesondere von Schulen und außerschulischen Bildungseinrichtungen gebucht werden und beschäftigt sich anhand von analogen und digitalen Exponaten mit den Säulen rechter Ideologie. Die nun entstandenen Webseiten erweitern den Themenkreis um einen tieferen Blick in die NS-Geschichte in Sachsen-Anhalt und Sachsen. „Indem wir die Webseiten in unserer Ausstellung zeigen und im Rahmen von Projekttagen pädagogisch bearbeiten, helfen wir den Schulklassen auch, sich inhaltlich auf einen Gedenkstättenbesuch vorzubereiten und über Biografien in das schwierige Thema einzusteigen“, so Antonia Flint vom INNOmobil. Sie bezeichnet darüber hinaus die Bildungskooperation zwischen den beiden Gedenkstätten und der Hochschule Merseburg als „gelebten Wissenschaftstransfer“, von dem alle Beteiligten – Studierende, Gedenkstätten und das INNOmobil-Projekt der Hochschule – profitieren.

Neben den beiden Kernmissionen einer Hochschule – Lehre und Forschung – nimmt die Bedeutung der sogenannten Third Mission stetig zu. Ziel der Third Mission ist es, die Hochschulen mit ihrer Umwelt zu verflechten. Ergebnisse aus der Lehre und besonders der Forschung sollen in die Gesellschaft hineingetragen und damit Wissenschaft mit der und für die Gesellschaft betrieben werden. Dafür stehen die beiden Kooperationen exemplarisch.
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Webseiten:

Jahre der Zerrissenheit. Zwischen Verfolgung & Zwangsarbeit:
Jüdische Mütter und ihre Kinder im KZ-Außenlager „HASAG Leipzig“
https://arcg.is/0anGj8

Endpunkte des Terrors:
Todesmärsche & Kriegsendphaseverbrechen in Abtnaundorf und Gardelegen
https://arcg.is/1emHTq0

„Es ist unglaublich was ein Mensch aushalten kann“
Von Auschwitz nach Taucha – Das Überleben der Rosa Lehmann
https://arcg.is/O9zTq

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