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Kulturpädagogische und Künstlerische Projektarbeiten 2025

Kulturpädagogische und Künstlerische Projektarbeiten 2025

Jährlich im Sommersemester präsentieren Studierende des sechsten Semesters Kultur- und Medienpädagogik (KMP) ihre Kulturpädagogischen und Künstlerischen Projektarbeiten. Die aufwendig konzipierten Projekte werden in vielfältigen Formaten wie Theaterworkshops, Audiofeatures, Fotoausstellungen, Videos oder Hörspielen umgesetzt. Viele von ihnen greifen persönliche Anliegen sowie soziale, politische oder gesellschaftliche Fragestellungen auf und machen diese kreativ erfahrbar und begreifbar. In den diesjährigen Arbeiten werden unter anderem alte Familiengeschichten aufgearbeitet und erforscht, Flohmarktfunde künstlerisch neu inszeniert und frühere Lebensrealitäten sichtbar gemacht. Zudem entsteht gemeinsam mit Kindern ein interaktives Modell ihrer Wunsch-Bibliothek – ein Ort des Mitgestaltens, der Bildung und der digitalen Neugier.

 

„Mini-Bib: Wir bauen eine interaktive Bibliothek”

 

Aarons Thema seiner diesjährigen künstlerischen Projektarbeit steht ganz unter dem Motto „Bauen, Basteln, Selbermachen“. Im Rahmen seines Bachelorstudiums entwickelte Aaron ein kreatives und zugleich bildungsorientiertes Projekt unter dem Titel „Mini-Bib: Wir bauen eine interaktive Bibliothek“. Ziel war es, digitale Kompetenzen bei Kindern auf spielerische Weise zu fördern – und zwar dort, wo sie sich ohnehin gern aufhalten: in der Bibliothek.Die Idee zu dem Projekt entstand während Aarons Praktikum in der Stadtbibliothek Merseburg. Geprägt durch seine Studienerfahrungen im Bereich Making und inspiriert vom Ansatz „Learning by Making“ von Sandra Schön, wollte Aaron einen praktischen Beitrag zur Vermittlung digitaler Literalität leisten. Diese versteht er als zentrale Fähigkeit, um sich reflektiert und selbstbestimmt in einer zunehmend digitalen Welt zurechtzufinden.

Das Projekt wurde in den wöchentlich stattfindenden offenen Spiele- und Kreativtreff der Stadtbibliothek Merseburg eingebunden, der sich an Kinder ab sieben Jahren richtet. Über sechs Termine hinweg – vom 22. April bis zum 27. Mai – arbeiteten die Teilnehmenden gemeinsam daran, ein Modell ihrer Wunsch-Bibliothek zu gestalten: eine Bibliothek, die alle ihre Ideen und Bedürfnisse erfüllt – nicht nur gestalterisch, sondern auch durch interaktive Funktionen.Zum Einsatz kam der Calliope Mini, ein einfach programmierbares Mikrocontroller-Board, das sich besonders für kreative Technikprojekte mit Kindern eignet. Durch die intuitive Bedienung konnten die Kinder eigenständig Bewegungen, Töne und Animationen entwickeln und in das Modell integrieren. Die fertige „Mini-Bib“ verbleibt in der Stadtbibliothek Merseburg und steht auch nach Projektende zum Entdecken bereit.

„Besonders gut gefallen mir die zahlreichen Projekte, die wir im Studium in Verbindung mit Seminaren durchgeführt haben. Dadurch konnten wir viele praktische Erfahrungen sammeln. Nach dem Abschluss möchte ich gern als Medienpädagoge in einer Bibliothek arbeiten. Die abwechslungsreichen Aufgaben dort machen mir Spaß, und mein Praktikum hat meinen Wunsch, in diesem Bereich zu arbeiten, noch einmal gestärkt.“

 

„WUNDTAUCHEN_BLUTFÄDEN“

Das Schweigen brechen – „WUNDTAUCHEN_BLUTFÄDEN“ erzählt eine persönliche Familiengeschichte als künstlerische Performance 

Wie spricht man über etwas, über das jahrzehntelang geschwiegen wurde? Wie nähert man sich einer Geschichte an, die man selbst nur bruchstückhaft kennt? Diese Fragen standen im Zentrum der künstlerischen Projektarbeit von Ria, Student*in an der Hochschule Merseburg. In der Performance beschäftigt sich Ria mit der Geschichte der eigenen Urgroßmutter – einer Person, über die in der Familie lange nicht gesprochen wurde. Sie lebte mit einer lebensbestimmenden psychischen Erkrankung und war bereits verstorben, bevor Ria geboren wurde. Ihre Geschichte, die in der familiären Erinnerung kaum Platz hatte, geriet immer mehr in Rias Blickfeld. 

„Ich konnte irgendwann spüren, dass das Schweigen in meiner Familie viel mit ihr zu tun hatte“, erklärt Ria. Ausgelöst durch persönliche Gespräche, erste Hinweise aus der Familiengeschichte und weiter angestoßen durch die Lektüre des Romans Blutbuch von Kim de l’Horizon begann Ria, sich intensiver mit der eigenen Herkunft und den gesellschaftlichen Strukturen auseinanderzusetzen, die Lebensgeschichten wie die der Urgroßmutter geprägt haben. 

Rias künstlerische Arbeit ist mehr als eine persönliche Spurensuche: Sie erzählt vom familiären Schweigen über psychische Erkrankungen, von Weitergabe traumatischer Erfahrungen über Generationen hinweg und davon, wie gesellschaftliche Machtverhältnisse und Strukturen – etwa in der Zeit des Nationalsozialismus – bis heute in familiären Bildern und Erzählungen nachwirken. Zentrales gestalterisches Element der Performance ist das Wasser – ein verbindendes Element der Familiengeschichte über Generationen hinweg, ein Speicher für Erinnerung, ein poetisches Mittel. Auf der Bühne, in Videos und Bildern verwebt Ria Erzählungen über die eigene Mutter, Großmutter und Urgroßmutter mit persönlichen Reflexionen und gesellschaftlicher Analyse. 

Mit der Performance leistet Ria nicht nur einen persönlichen Beitrag zur Erinnerungskultur und richtet sich an alle, die familiäre Leerstellen kennen, sondern setzt auch ein künstlerisches Zeichen gegen das Schweigen. „Ich wünsche mir, dass Menschen sich trauen, auf ihre eigene Geschichte zu schauen und Fragen zu stellen – auch wenn es schmerzhaft sein kann.“ 

 

„Während du nicht hinschaust, blinzelt der Mond”  

 

Josis künstlerische Arbeit beschäftigt sich mit dem Sichtbarmachen des Vergessenen. In ihrem Projekt hat sie alte private Fotografien gesammelt – gefunden auf Flohmärkten oder in Läden für Haushaltsauflösungen.Berührt von den Geschichten der aus den verschiedensten Gründen abgegeben Bilder, den solche Bilder erzählen, und inspiriert von Konzepten des Archivierens und Recyclings, hat Josi den Fundstücken ein zweites Leben verliehen. Mit Acrylstiften und, Skalpell hat sie die Originale verändert und sie dadurch in einen neuen, subjektiven Kontext eingebettet – ohne ihren analogen Ursprung zu verleugnen. Flecken, Risse und Altersspuren bleiben sichtbar.  Was auf den ersten Blick wie harmlose Alltagsfotografie wirkt, wird so zu einem stillen Archiv menschlicher Existenz. Josi fragt dabei: Wer sind die abgebildeten Menschen? Was bleibt von ihnen, wenn die Bilder weggegeben werden? Und: Was bedeutet Erinnerung, wenn ihr Kontext fehlt?  

Ihr Ziel ist es, zum Ausdruck zu bringen, dass jede Lebensgeschichte besonders und erinnerungswürdig ist, gerade wenn sie alltäglich erscheint. Es soll eine Erinnerungskultur für das Alltägliche erschaffen werden, indem sie das historische Material aufarbeitet und wieder sichtbar macht. Das kann auch eine Grundlage für Betrachtende sein, sich mit unserer Gesellschaft und der eigenen Identität auseinanderzusetzen. Sie lädt ein, sich mit kollektiven Geschichten, aber auch mit der eigenen Identität auseinanderzusetzen. Obwohl jedes Bild Interpretationsspielraum bietet, bleibt offen, was tatsächlich zu sehen ist – ein Lächeln muss kein Glück zeigen, eine Umarmung keine romantische Beziehung. “Da mir der ursprüngliche Kontext fehlt, kann ich die Fotos neu einordnen und ihnen durch meine Bearbeitung eine zusätzliche Bedeutungsebene geben. So werden sowohl die Abgebildeten als auch ich selbst sichtbar,” erklärt Josi.  

„Am Studium Kultur- und Medienpädagogik gefällt mir, dass ich mich kreativ ausprobieren kann und in meinen Vorhaben von allen Seiten unterstützt werde. Vor allem in der Fotowerkstatt habe ich mich gern aufgehalten. Ich finde außerdem, dass das Studium meinen Blick auf die Welt und Gesellschaft geschult hat, da wir uns häufig kritisch mit Themen auseinandergesetzt haben und Kunst & Kultur weiterhin für seine Relevanz und Präsenz kämpfen muss.“  

 

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